Über Pezzl

Kindheit und Familie in Mallersdorf
Jugend im Gymnasium in Freising

[Das einzige existierende Bildnis von Johann Pezzl, ein Schattenriss von Johann Hieronymus Löschenkohl, ca. 1786]

Biografische Angaben über Pezzl sind oft nur stückchenweise zu bekommen, in alten Literaturlexika sind zahlreiche Fehler und Lücken, die von anderen wieder abgeschrieben wurden. So ist Pezzl z.B. einmal in „Mollersdorf, südlich von Straubing“ geboren, auch ein Sterbejahr 1838 geistert herum. Erst seit den 1990er Jahren wird vermehrt nachgeforscht, in Immatrikulationsakten und Kirchenmatrikeln geblättert, berichtigt und ergänzt.
Das Urteil über Pezzls Schriften und Ansichten reicht von amüsiert (Zeitgenossen) über empört (klerikale Gegenschriften) bis z.T. hasserfüllt (K. Banik, die sich streckenweise antifeministischer äußert, als Pezzl es je getan hat). Bis heute haftet ihm das Etikett „radikaler, antiklerikaler Revolutionär“ an, jedoch wollte er weder den Glauben noch die Kirche abschaffen oder gewaltsam einen politischen Umsturz herbeiführen. Stattdessen greift er spitz und oft durchaus polemisch zahlreiche Mißstände an, die 1803 in die Notwendigkeit der Säkularisation mündeten. Johann Pezzl gilt in der neueren Literatur als der Gläubige unter den Aufklärern (Falbisoner). Er fordert Bildung für alle, freie Meinungsäußerung, Glaubenstoleranz und Wahrung der Menschenrechte und bekämpft zeitlebens Sklaverei, Willkürherrschaft und Fanatismus.

Das einzige existierende Bildnis von Johann Pezzl, ein Schattenriss von Johann Hieronymus Löschenkohl, ca. 1786

Kindheit und Familie in Mallersdorf

Die 30. Novembris Baptizavi Joannem Andream Francisci Pezl
Pistoris Mallerstorffensis ac Magdalenae Uxoris eius fil: legitimum
levante Joanne Maximiliano Widman Sartore in Ried. [(c)Höschel]

„Am 30. November [1756] habe ich Johann Andreas getauft, den ehelichen Sohn von Franz Pezl, Bäcker in Mallersdorf, und seiner Frau Magdalena. Aus der Taufe gehoben von Johann Maximilian Widman, Schneider in Ried.“ (Taufmatrikel der Pfarrei Westen)

Mariä Opferung, Westen

Der Weiler Ried liegt 1 km westlich unterhalb des Klosterberges. Getauft wurde er von Pater Peter Beno Seiberth, Profeß in Mallersdorf. Doch warum in Westen?
Die Pfarrrechte gehörten im 18. Jh. zum Kloster Mallersdorf, das eine umfassende Neugestaltung der Kirche veranlasste. Westen war damals ein bedeutender Marienwallfahrtsort und weithin bekannt. Die Umbaumaßnahmen waren 1756 gerade erst beendet, Bauherr war Abt Heinrich Widmann, der auch das Kloster Mallersdorf mit zugehöriger Kirche barockisierte. Der gebildete Benediktiner-Abt aus Straubing war zeitweise Professor der Philosophie an der Universität Erfurt, bevor er nach Mallersdorf zurückkehrte. Ob es eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen ihm und Johann Pezzls Paten gibt, ist noch nicht erforscht.

Die Mutter Magdalena, geb. Stubenreitter stammt aus Aufhausen, einem Wallfahrtsort 13 km nordöstlich von Mallersdorf.

Der Vater Franz Pezzl wird als Klosterbäcker bezeichnet, das bedeutet, er war Untertan des Klosters und unterstand dessen Gerichtsbarkeit. Außerdem bestand keine Freizügigkeit, so dass der junge Johann Pezzl für seine Ausbildung die Klosterhofmark nur mit Erlaubnis verlassen durfte.
In den Katastern von Mallersdorf läßt sich nur für das Grundstück Dr.-Robert-Pickl-Straße 7 eine Bäckergerechtigkeit nachweisen: Am 28.April 1831 kauft Georg Gerstl „½ Bäckersölde samt realer Bäckergerechtigkeit“ von Georg Vogl um 6500 fl. Ob es sich dabei um das ehemalige Pezzl-Anwesen handelt, ist nicht erforscht.

Johann Pezzl hatte einen 6 Jahre jüngeren Bruder, von dem bis jetzt nichts weiter bekannt ist.

Dann gab es offenbar noch einen Vetter (Schwester des Vaters?) in Pfaffenberg: Pater Georg Schneller (1746 – 1804), Prior an der Benediktinerabtei Oberalteich, die deutschlandweit als Gelehrtenschmiede galt. Er wurde 1790 Professor der Theologie in Ingolstadt, später sogar Rektor. Über ihn gibt es Einiges zu lesen.

Mit derart einflussreicher Verwandtschaft und Protektion im Schatten eines Klosters, das zeitweise sogar das zentrale Noviziat der bayerischen Benediktinerkongregation beherbergte und eine Lateinschule von ausgezeichnetem Ruf besaß, schien Johann Pezzls Bildungsweg wohl vorgezeichnet…

Johann besuchte die Elementarschule im Kloster, wo er vermutlich auch bald durch Begabung auffiel. Er wurde 1768 mit 11 Jahren an das Benediktinerlyceum in Freising empfohlen.
[Höschel / Lochner]

Jugend im Gymnasium in Freising

1768 kam Johann Pezzl ins Internat des Benediktinerlyceums Freising, dessen Gebäude heute noch besteht. Kaum ein Jahr später war er bereits Klassenbester.

„Seine Umgangsformen werden als für sein Alter männlich („mores supra aetatem masculos“) beurteilt, was auf eine gewisse Frühreife des Zwölfjährigen hinweist. Dieser Eindruck verstärkt sich in den Anmerkungen des folgenden Jahres, als nämlich Pezzl „Ingenium« als einziges als „maturum“ und seine „mores“ als „masculi“ bezeichnet werden. (…) Sein Jahresfortschritt wird folgendermaßen beschrieben: „Locum inter optimus primum cum eminentia obtinuit. (Den ersten Platz unter den Besten hat er mit Bravour vertreten.)“

[Höschel]

Pezzl studiert wohl wie alle Schüler Grammatik (= Latein), Physik (=Naturwissenschaften wie Mathematik oder Geographie), außerdem Religion und Griechisch. Nebenfächer waren z.B. Französisch, Italienisch oder Musik.
Seine Lehrer waren Romuald Klöck (Grammatik) oder Bernhard Peslmiller, der als „insignis comicus“ auch für die Abschlußtheater verantwortlich war. Der bekannte und fortschrittliche Professor Pater Benedikt Maria Werkmeister war zwar nie sein Lehrer, hat die aufgeklärte Denkart der Schule jedoch sicher geprägt.
Die Bibliotheken der Benediktiner waren meist umfangreicher und moderner als die von Universitäten. Weltgeschehen und neueste Forschungen wurden aufmerksam verfolgt, viele Naturwissenschaftler und Forscher haben benediktinischen Hintergrund. Johann Pezzl kam bereits in Freising mit „aufklärerischer“ Literatur in Berührung, die anderswo kritisch beäugt, wenn nicht gar verboten war.

Asamsaal (c) Stadt Freising

[Asamsaal (c) Stadt Freising]

Höhepunkt eines jeden Schuljahres waren die Finalkomödien, eigens geschriebene Theaterstücke mit biblischem oder antikem Thema, die vor Freunden, Gönnern und Persönlichkeiten mit viel Aufwand, Ausstattung und Musik aufgeführt wurden, natürlich in lateinischer Sprache. Aufführungsort war der Asamsaal im Lyceum.
Pezzl spielt im Abschlussjahr den Jason: „Ornatus ac eruditus D. Joan Evang. Petzl, Philos. Cand. [der geehrte und gelehrte Schüler Johann Evan. Petzl, Kandidat der Philosophie]


Die Beurteilungen der letzten Schuljahre überschlagen sich:
Praestantissimum ingenium [vortrefflichste Begabung / Talent]
Maxima dilligentia [größte Aufmerksamkeit]
Mores de prima nota [Verhalten von erster Note]
Als Klassenprimus bekommt er außerdem ein Buch überreicht. [Höschel]

Johann Pezzl beendet das Lyceum 1775 und tritt mit 19 Jahren bei den Benediktinern in Oberalteich ein, dem Kloster seines Vetters Georg Schneller. Von dort wird er in die Novizenschule ins Kloster Scheyern geschickt.

[wird fortgesetzt]